Törnbericht: Segeln auf der Ostsee

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Von Heiligenhafen nach Chritiansö und zurück

Ein etwas ambitionierter Segeltörn auf der Ostsee


Eigentlich sollte es ein gemütlicher Männertörn werden, durch die westliche und südliche Ostsee und die Boddengewässer um Rügen, das hatten zumindest 6 der 7 Crewmitglieder gedacht. Der Skipper hatte jedoch eine Reise geplant, die uns über insgesamt 440 Seemeilen führen sollte. Wir hatten zwar 9 Tage Zeit, trotzdem war es ein enger Zeitplan.


Der Blister steht - zum Vergrößern klicken
Der Blister steht

1. Tag

Die Übernahme des Schiffes und insbesondere das Stauen unseres Proviants, Gepäck haben wir gar nicht so viel, dauern doch etwas und so verlassen wir Heiligenhafen erst um die Mittagszeit, setzen Groß und Genua 1 und machen uns durch den Fehmarnsund auf in Richtung Schweden. Ystad soll unser nächter Hafen sein und so beginnt der Trip gleich mit einer Nachtfahrt. Mit Sonneruntergang schläft der Wind ein und wir werfen den "Jockel" an. Mit drei Mann auf Wache tuckern wir durch die Ostsee und schalten aus Bequemlichkeit den Autopiloten an. Mit der Gemütlichkeit ist es aber bald vorbei, denn gegen Mitternacht erreichen wir ein Gebiet mit regem Schiffsverkehr. Seither wissen wir auch, warum Schnellfähren diesen Namen tragen. Gerade noch ein paar kleine Lichter am Horizont und kurz darauf ein Schiff, hoch wie eine Häuserwand, ganz nah an Backbord.

2. Tag

Gegen 02.00 Uhr kommt guter Wind auf und als wir um 04.00 Uhr abgelöst werden, machen wir gute Fahrt. Trotzdem fallen wir gleich in den Schlaf, der lange Tag und ein kleiner Absacker zeigen Wirkung. Nach dem Aufwachen bläst der Wind mit 5 Windstärken und wir laufen mit Kurs 53 Grad auf Ystad zu. Am frühen Nachmittag bergen wir dort vor der Hafeneinfahrt die Segel und beim Aufdirken bricht der Schäkelbolzen. Ersatz haben wir zwar dabei, kaufen aber gleich beim Hafen in einer Art Tante-Emma-Laden für Segler noch einen auf Reserve. Vor der Mole findet gerade eine Jugendregatta statt und die Kids sind erstaunlich gut. Naja, wenn man am Meer aufwächst, trösten wir uns. Wir sind jetzt erstmal platt und so lassen wir das Kochen ausfallen, machen einen Bummel durch das schöne Städtchen und essen in einem Restaurant in Hafennähe. Alle sind ziemlich bald in ihren Kojen.


Ankunft auf Christiansö - zum Vergrößern klicken
Ankunft auf Christiansö

3. Tag

Beim Verlassen von Ystad in Richtung Christansö haben wir günstigen raumen Wind und wir können den Blister setzten. Bei ruhiger Fahrt machen wir so richtig Meilen. Nachmittags frischt der Wind auf Stärke 5 auf und wir steigen wieder auf die Genua um. Um 18.00 Uhr sind wir am Ziel und machen in zweiter Reihe fest. Christiansö ist die größte der so genannten Erbseninseln, die den östlichsten Teil Dänemarks bilden. Heute leben auf den beiden Hauptinseln weniger als hundert Menschen, in früherer Zeit waren es über 800, als Christiansö noch Garnison war. Außer Touristen trifft man nur ein paar Fischer. Ein Gang über die Insel ist in einer halben Stunde gemacht, man kann die alten Zisternen, ein paar Kanonen und die kleine Kirche entdecken und hat einen grandiosen Ausblick auf die Nachbarinseln, auf denen seltene Vögel brüten. Nachdem es hier keine Gastronomie gibt, wird die Bordküche angeheizt.


Blick auf Svaneke - zum Vergrößern klicken
Blick auf Svaneke

4. Tag

Die neben uns liegenden Schweizer haben es eilig, und so fällt unser Frühstück etwas kurz aus. Vielleicht hätten wir besser bei den Polen längsseits gehen sollen. So sind wir um 08.00 Uhr schon auf See und laufen südwärts Richtung Bornholm. Bei Windstärken bis 7 sind wir in zwei Stunden in Svaneke. Nur 12 Seemeilen heute nach zuvor 170 in drei Tagen! Wir wollen aber ja die Insel erkunden und mieten uns Fahrräder, um zum "Paradies" zu strampeln, einem idyllischen Waldstück inmitten der Insel. Vorher noch ein Abstecher in die Fischräucherei. Die Spezialitäten kommen direkt aus dem Ofen und ein kühles Bier paßt ideal dazu. Zum Schiff zurückgekommen überrascht uns der Skipper mit drei riesigen Dorschen, die er einem Kutterkapitän fangfrisch und günstig abgekauft hat. Der Hinweis, daß wir diese Monster in der Pantry nicht zubereiten können, dämpft seine Stimmung doch ein bißchen. Schließlich der rettende Einfall: Einweggrills aus dem Supermarkt! Kurz vor Ladenschluß sind wir noch erfolgreich und grillen unsere Dorsche im Windschatten der Mole. So einfach kann gesunde Ernährung sein.


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Auf der Kreuz

5. Tag

Die verschenkten Meilen vom Vortag müssen jetzt wieder eingefahren werden und so verlassen wir den Hafen um 06.00 Uhr. Das Frühstück gibt es erst auf See. Gar nicht so einfach, denn die ersten Stunden müssen wir kreuzen, bis wir dann mit auf 6 auffrischendem Wind Kurs 240 Grad Richtung Rügen düsen. Um 20.00 Uhr liegen wir in Saßnitz fest und haben 77 Seemeilen zurückgelegt. Duschen und in die Hafenkneipe, zu mehr sind wir nicht mehr imstande.


Nordhafen von Stralsund - zum Vergrößern klicken
Nordhafen von Stralsund

6. Tag

Wir wollen nach Stralsund, knappe 50 Meilen. Trotz aller Bemühungen schaffen wir die Öffnung der Ziegeleibrücke nicht und müssen über drei Stunden auf die nächste Öffnung warten. Ein Teil der Crew sieht sich die Stadt an, der andere bereitet an Bord das Abendessen vor, während die Yacht im Südhafen liegt. Um 21.30 passieren wir die Durchfahrt und machen im Stralsunder Nordhafen fest. Der Hafen ist ziemlich voll. Interessant ist, daß man von hier aus auch Hausboottouren in den Boddengewässern machen kann. Zu Fuß wird die Altstadt, von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, erkundet. Rathaus und Nikolaikirche sind ein Muß. Es ist schon spät und morgen steht wieder eine Marathonetappe bevor.


7. Tag

Schon früh geht es zum Bäcker und auf dem Rückweg verführt uns ein Fischhändler zum Kauf von frischen Schollen. Das Abendessen ist gesichert. Es wird aber noch dauern, bis es so weit ist. Wir wollen nach Warnemünde. Die Fahrrinne der Boddengewässer entlang Rügen ist sehr schmal, wir müssen aber wegen unseres Tiefganges innerhalb bleiben. Der Wind ist gegen uns und so müssen wir motoren. Es ist diesig und nieselt leicht. Hier heißt es Fahrwassertonnen zählen und in der Karte abhaken. Als wir offenes Wasser erreichen, bläst der Wind mit Stärke 6 und wir setzten Segel, allerdings müssen wir kreuzen. Der erste von uns wird seekrank und der Rest muß hungern, da es unmöglich ist, in der Kombüse auch nur eine Tütensuppe zuzubereiten. Es ist 21.30, als wir, nachdem wir den berühmten Leuchtturm passiert haben, im Alten Strom von Warnemünde festmachen. 70 Meilen liegen hinter uns.


8. Tag

Wie die Zeit vergeht, der Törn neigt sich schon dem Ende. Heute wollen wir bis Fehmarn kommen. Schon früh müssen wir einreffen, dann setzt Regen und schließlich Hagel ein. Auch am vorletzten Tag können wir unsere kurzen Hosen im Seesack lassen. Die Sicht ist schlecht als wir den Lübeck-Gedser-Weg passieren. Es ist viel Verkehr und der Ausguck hat gut zu tun. Wir legen im Hafen Burgtiefe auf Fehmarn an und verbringen unsere letzte Nacht an Bord.


9. Tag

Morgens lernen wir noch eine Rentnercrew kennen, die mit ihrer 9m-Yacht den ganzen Sommer die Ostsee unsicher macht. Kein schlechtes Leben. Nur ein kurzer Schlag ist es noch zurück nach Heiligenhafen, wo unsere Reise endet.


Viel haben wir gesehen und alles in allem gute Segelbedingungen vorgefunden. Etwas mehr Zeit wäre schön gewesen, aber uns alle ruft wieder das Erwerbsleben. Aber der nächste Törn kommt bestimmt.


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